
Die große
Transformation
Die Energieversorger stehen vor großen Herausforderungen: Fossile Erzeuger müssen durch erneuerbare Energieträger ersetzt, und die Netzinfrastruktur muss modernisiert werden. Das erfordert erhebliche Investitionen. Wie sie finanziert werden können, zeigen die Hamburger Energiewerke (HEnW).
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Die Energie- und Wärmewende gelingt nur, wenn fossile Erzeugungskapazitäten durch alternative Energien ersetzt werden. Diese komplexe und meist kostenintensive Umstellung betrifft nicht nur deutsche Energieversorger, sondern – wenn auch in geringerem Umfang – auch Industrieunternehmen. Auch sie müssen investieren, um ihren CO2-Fußabdruck zu reduzieren. EY und BDEW haben bis 2030 einen Gesamtinvestitionsbedarf von 721 Milliarden Euro für die Energiewende in Deutschland errechnet. Wie kann das finanziert werden?
Die Aufgabe ist gewaltig, doch das Ziel lohnt sich: Am Ende können die Unternehmen, die die Energie- und Wärmewende umgesetzt haben, einen wichtigen Beitrag für den Klimaschutz leisten und Energiekosten einsparen. Mancher Vorreiter könnte durch entstehende Einsparungen neue Geschäftschancen wahrnehmen. Die Hamburger Energiewerke haben darum bereits mit ihrer „Transformation zu einem nachhaltigen Versorger“ begonnen.

Investitionen in die Wärmewende
Der städtische Energieversorger will ab 2030 jährlich rund 800 Gigawattstunden grünen Strom erzeugen. Das entspricht einem Drittel des prognostizierten Bedarfs der HEnW für die Wärmewende, die Mobilitätswende und ihre Ökostromkunden. Außerdem werden neue modulare Energieparks aufgebaut und zugleich bestehende fossile Kraftwerke abgeschaltet. So reduziert Hamburgs Energie- und Wärmeversorger seine CO2-Emissionen. Und er wird attraktiver für Kunden, die vermehrt klimaneutralen Strom und Wärme nachfragen.
Vor den Hamburgern liegt ein wahrer Kraftakt, auch finanziell. Von 2025 bis 2029 sollen rund 2,5 Milliarden Euro in die nachhaltige Transformation investiert werden. Aus eigenen Mitteln lässt sich eine solche Summe nicht stemmen. Daher haben sich die HEnW für eine grüne Finanzierung über den Kapitalmarkt entschieden.
Michael Prinz, Geschäftsführer der Hamburger Energiewerke, erläutert:
„Die grüne Finanzierung passt nicht nur zu unseren Investitionen, sondern erleichtert uns auch die Vermarktung und den Zugang zu neuen Investoren.“


Grüner Schuldschein
Konkret haben sich die HEnW für einen grünen Schuldschein entschieden, den die DZ BANK gemeinsam mit zwei weiteren Banken strukturiert und vertrieben hat. Dabei arbeiteten beide Häuser von Anfang an eng zusammen, von der ersten Analyse über die Diskussion von Strategiethemen bis zur konkreten Ausgestaltung des Schuldscheins und schließlich bei der Platzierung am Markt.
DZ BANK Großkundenbetreuer Julian Dressler verdeutlicht:
„Durch unseren langjährigen, regelmäßigen Austausch mit den Hamburger Energiewerken konnten wir dem Kunden schon früh hilfreiche Impulse für die optimale Finanzierungslösung geben.“

Die Emission im Mai 2024 wurde ein voller Erfolg. Das ursprünglich geplante Finanzierungsvolumen konnte aufgrund der großen Investorennachfrage von ursprünglich 150 Millionen Euro auf 400 Millionen Euro aufgestockt werden. Für die Hamburger sprachen aus Investorensicht gleich mehrere Gründe: Die Energiewerke, vollständig in der Hand der Hansestadt, haben ein attraktives Rating. So mussten keine Investoren abwinken, die schwächere Ratings scheuen. Insgesamt 58 verschiedene Investoren zeichneten den Schuldschein. Die Laufzeiten reichen dabei von 5 bis zu 33 Jahren – auch diese Langfristigkeit sprach für das HEnW-Darlehen.
Und noch ein Argument sprach für den grünen Schuldschein aus Hamburg: die Transparenz der Mittelverwendung. Durch die Erstellung und Vermarktung eines Green-Finance-Rahmenwerks können die HEnW ihre Nachhaltigkeitsstrategie klar darlegen und die Investitionen den dazugehörigen Projekten zuordnen. Außerdem stellen sie einen konkreten Bericht über die Mittelverwendung und ihre Auswirkungen zur Verfügung.
Tim Buchholz, Experte für Corporate-ESG bei der DZ BANK erläutert:
„Energieversorger sind für diesen ‚Use-of-Proceeds‘-Ansatz prädestiniert. Sie können konkrete, eindeutig nachhaltige Projekte nachweisen und sind – anders als beim ‚KPI-linked‘-Ansatz – nicht allein auf die Erreichung bestimmter Kennzahlen angewiesen.“

Das passende Finanzierungsinstrument
Welche Finanzierungsmöglichkeiten gibt es für Investitionen in Nachhaltigkeit? „Das Angebot an Instrumenten ist breit“, erläutert Firmenkundenbetreuer Julian Dressler. Dazu gehören beispielsweise Fördermittel, Projektfinanzierungen, Bürgerbeteiligungen – und eben Kapitalmarktlösungen wie der Schuldschein.“ ESG-Experte Tim Buchholz rät zudem, systematisch an die Aufgabe heranzugehen. Strategie und Pläne sollten sauber verschriftlicht werden. Welche Investitionen lassen sich als nachhaltig klassifizieren, wie kann der Nachweis darüber erbracht werden? Und welche Anforderungen muss die Finanzierung erfüllen: Volumen, Kosten, Vorbereitungsaufwand, Transparenz, Laufzeit. „Wer zum ersten Mal einen grünen Schuldschein begeben will, sollte sich des intensiven Arbeitsaufwands für ein Green Finance Framework bewusst sein.“ Auch die Einholung einer ‚Second Party Opinion‘, die die Glaubwürdigkeit und Nachhaltigkeit des Emittenten sowie der Projekte gemäß anerkannten Standards bestätigt, ist aufwendig. „Allerdings kann für weitere Emissionen darauf leicht aufgebaut werden“, betont Buchholz. Der Bankpartner hilft beim Aufsetzen des Rahmenwerks. Vorausgesetzt, er bringt die notwendige Expertise mit. „Die sollte nicht nur Nachhaltigkeits-Kompetenz umfassen, sondern auch strategische Beratung, die Kenntnis der Investorenperspektive und die Platzierungsfähigkeit.“
Für die Hamburger Energiewerke hat sich der Aufwand gelohnt. Das zeigt die erfolgreiche Platzierung. Und auch die Hamburgerinnen und Hamburger werden das Ergebnis spätestens 2030 an einem deutlich reduzierten CO2-Fußabdruck merken. Damit die Energietransformation in der Breite der deutschen Wirtschaft umgesetzt werden kann, braucht es Banken und Investoren für die Finanzierung. Das Beispiel HEnW zeigt: „Die Transformation gelingt nur, wenn man die Partner an seiner Seite hat, die mit einem stets um die beste Lösung ringen“, resümiert Geschäftsführer Michael Prinz.