Anzeigensonderveröffentlichung

Perspektiven - eine Serie über die wichtigsten Themen unserer Zeit

Teil 1:

Strategien gegen den

Blackout

Energiesicherheit in Zeiten des geopolitischen Wandels

von Hajo Hoffmann | Lesezeit 5 min

Eine Initiative von:

SCROLL

Die gestiegenen Energiekosten setzen die Unternehmen in Deutschland massiv unter Druck. Staatliche Finanzhilfen sollen die Wirtschaft in den nächsten Monaten entlasten, mittel- und langfristig ist Diversifizierung und das Erschließen neuer Energiequellen das Ziel.

Wenige Tage nach Herbstbeginn: In Brunsbüttel rollen Bagger an, fügen dem 13.000-Einwohner-Städtchen an der Nordsee, wo hinter Kuh- und Schafsweiden die Ladekräne des Hafens in den Himmel ragen, noch einen weiteren Tupfer Industrieromantik hinzu. Nach einem beschleunigten Genehmigungs­verfahren geht es los mit dem Bau einer Leitung für ein neues Terminal. Durch sie soll bereits zum Jahreswechsel LNG fließen, verflüssigtes Gas (Liquefied Natural Gas), übernommen aus Tankschiffen, die Brunsbüttel aus aller Welt ansteuern. Zunächst wird ein im Hafen fest verankertes Spezialschiff das Frachtgut übernehmen, bis in etwa drei Jahren das endgültige Terminal fertiggebaut ist. Die Kapazität reicht aus, um 2,6 Millionen Durchschnitts­haushalte mit Energie zu versorgen.

Gas für die Gegenwart, grüner Wasserstoff für die Zukunft

Für Frank Schnabel erfüllt sich damit ein lang gehegter Wunsch. Der Chef der Brunsbüttel Ports hat seit mehr als zehn Jahren versucht, in der Politik Unterstützung für die Idee eines LNG-Terminals in Brunsbüttel zu finden – mit mäßigem Erfolg. Plötzlich ging es jedoch ganz schnell. Ein neues Gesetz des Bundes habe es ermöglicht, „dass Genehmigungs­prozesse zügig ablaufen und zu einem rechtssicheren Abschluss gebracht werden können“. Dabei sei die derzeit im Eiltempo aufgebaute neue Infrastruktur mehr als nur eine Notlösung aufgrund der entfallenen Gaslieferungen aus Russland: „Über die Energie-Import-Infrastruktur in Brunsbüttel sollen zunächst LNG und später auch grüne Energieträger importiert werden, die Erdgas in der Industrie zukünftig ersetzen und zur Dekarbonisierung der Industrie beitragen werden“, blickt Schnabel in die Zukunft. Teile der technischen Anlagen des Terminals können hierzu umgebaut und angepasst werden. „Die Zielsetzungen, die Gegenwart mit Gas zu gestalten und die Zukunft mit grünem Wasserstoff zu entwickeln, werden somit in dem entstehenden Multi-Energie-Terminal ideal miteinander vereint“, sagt der Manager. Das mache Brunsbüttel „zu einem echten Energiestandort der Zukunft“.

Kontrollierte Strom­abschal­tungen nicht ausge­schlossen

In Brunsbüttel und Wilhelmshaven entstehen die ersten Terminals für LNG, weitere drei werden folgen. Aber LNG ist nur einer der Energieträger im künftigen Mix – daneben vor allem Windkraft, Solarenergie, aber auch weiterhin, jedenfalls vorübergehend, Kohle und Kernkraft.

Werden diese Bemühungen ausreichen, um die energie­intensive Wirtschaft am Laufen und die Wohnungen im Winter warm zu halten? Wie ernst ist die Lage? Auf die Frage hört man aus Experten-kreisen Widersprüchliches.

Deutschland habe neben Italien das größte Energie­versorgungsrisiko in der Gruppe der G7-Staaten, warnte der Weltenergierat im Sommer 2022. Immerhin: Das Risiko sinke mit dem Abbau der Abhängigkeit von Russland drastisch. Anfang Oktober ging die Nachricht durch die Medien, dass die EU-Kommission für die kommenden Monate Stromausfälle in Europa nicht ausschließt und sich auf entsprechende Szenarien vorbereitet. Andererseits gaben die vier großen Übertragungs­netzbetreiber, die den Strom durch Deutschland fließen lassen, gegenüber dem Wissenschafts­magazin „Spektrum“ Entwarnung: Es drohten keine unkontrollierten Blackouts, allerdings seien kontrollierte Abschaltungen – „Lastabwurf“, sagen die Fachleute – nach Ankündigung denkbar.

Die Wirtschaft reagiert auf die unsichere Lage: Einer Umfrage des Deutschen Industrie- und Handels­kammertags (DIHK) unter 3500 Unternehmen zufolge will jeder sechste Industriebetrieb (16 Prozent) die Produktion herunterfahren, die Hälfte hat schon damit begonnen. Von den energieintensiven Unternehmen ist es fast jedes dritte. Ähnlich ergab eine Befragung des Bundesverbands der Deutschen Industrie (BDI) im September, dass jedes zehnte Unternehmen die Produktion bereits gedrosselt habe; zudem geben die Manager mehrheitlich die steigenden Energiepreise als aktuell größte Heraus­forderung im Management an. Bedenklich: Investitionen in ökologische Optimierung stellen Unternehmen eher zurück, als dass sie sie beschleunigen.

Perspektiven in 3 Fragen:

Oliver Saggau, Vorstands­vorsitzender der Sparkasse Westholstein

Unternehmen drosseln ihre Produktion

Die Wirtschaft reagiert auf die unsichere Lage: Einer Umfrage des Deutschen Industrie- und Handelskammertags (DIHK) unter 3500 Unternehmen zufolge will jeder sechste Industriebetrieb (16 Prozent) die Produktion herunterfahren, die Hälfte hat schon damit begonnen. Von den energieintensiven Unternehmen ist es fast jedes dritte. Ähnlich ergab eine Befragung des Bundesverbands der Deutschen Industrie (BDI) im September, dass jedes zehnte Unternehmen die Produktion bereits gedrosselt habe; zudem geben die Manager mehrheitlich die steigenden Energiepreise als aktuell größte Herausforderung im Management an. Bedenklich: Investitionen in ökologische Optimierung stellen Unternehmen eher zurück, als dass sie sie beschleunigen.

Diverse Hilfsprogramme der Bundesregierung sollen die Unternehmen und Bürger entlasten. Die Kreditanstalt für Wiederaufbau (KfW) vergibt Kredite im Gesamtvolumen von bis zu 100 Milliarden Euro als Liquiditäts­hilfe, weitere 50 Milliarden Euro enthält ein Topf für das Energiekosten­dämpfungs­programm, das seit September auch für mittelständische Unternehmen offensteht. Abrufbar sind die KfW-Fördermittel über Banken und Sparkassen.

Perspektiven in 3 Fragen:

Ingbert Liebing, Hauptgeschäftsführer des Verbands kommunaler Unternehmen e.V.

Dr. Gerold Neumann, CEO von vivevo energy GmbH

Ein Start-up setzt auf Methanol als einen der Energieträger von morgen

Ordnet man Kohle den Energieträgern von gestern, LNG denen von heute zu und klammert die international völlig unterschiedlich bewertete Atomkraft aus, dann zählen „grüner“ Wasserstoff und Methanol oder Methylalkohol zu den Energieträgern von morgen. Auf synthetische Kraftstoffe aus Methanol setzt beispielsweise das 2020 gegründete Start-up vivevo energy bei Brunsbüttel. Vivevo-Geschäftsführer Gerold Neumann zählt die Vorteile der chemischen Verbindung auf: Methanol könne Flüssigkraftstoffe schnell ersetzen und eigne sich zudem als chemischer Grundstoff für Produkte, die auf Alkohol basieren.

Zu Herstellung lasse sich überwiegend CO2 aus Industrie­prozessen verwenden, das sowieso noch einige Jahrzehnte lang in der Zementproduktion oder der Müllverbrennung anfalle. Der für die Produktion von Methanol benötigte Wasserstoff könne mit erneuerbaren Energien erzeugt werden. Bei Brunsbüttel soll 2025 die erste Produktions­anlage stehen, derzeit laufen Gespräche mit Investoren. Der Physiker und promovierte Werkstoffwissen­schaftler Neumann ist zuversichtlich: „Schon unser erster Abnehmer könnte mehr brauchen als die 50 000 Tonnen, die wir jährlich produzieren können.“ Das entspreche aber auch nur der Menge, die ein großes Containerschiff in einem Jahr verbrenne. Somit werde es, wenn alles nach Plan läuft, nicht bei einem Produktions­standort bleiben.

Das Whitepaper der Sparkasse kostenlos zum Download

Wird das Erdgas im Winter für alle reichen? Und welche Unternehmen können es sich auf Dauer eigentlich noch leisten, in Deutschland energieintensiv zu produzieren? Mit dem Whitepaper „Mittelstand in der Energiekrise“ gibt die Sparkasse einen Überblick über die realistischen Zukunftsszenarien der Gasversorgung im Winter 2022/2023 und beschreibt, wie sich mittelständische Unternehmen schon heute erfolgreich gegen die rasant gestiegenen Energiepreise stemmen. Erhalten Sie darüber hinaus wertvolle Tipps, welche staatlichen Hilfen Firmen neben Strom- und Gaspreisbremse noch in Anspruch nehmen können.

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Die Sparkassen – Partner vor Ort bei Investitionen in die betriebseigene Energiewende

Viele Unternehmen stehen somit vor großen Herausforderungen – zum einen gilt es, die gestiegenen Energiekosten zu bewältigen, zum anderen, die Weichen beim Thema Energie neu zu stellen, sei es, um Energie zu sparen oder zu einer nachhaltigeren Energieversorgung zu kommen. Die Sparkassen bieten sich als Partner vor Ort an, um Betriebe bei Investitionen zu unterstützen, gemeinsam Lösungen zu erarbeiten und über Fördermöglichkeiten etwa der Kreditanstalt für Wiederaufbau zu beraten.