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Greater Bay Area
RCEP

Mega-Pakt mit vielen Chancen

Mit dem asiatisch-pazifischen Freihandelsabkommen „Regional Comprehensive Economic Partnership“, kurz RCEP, wurde Ende 2020 die größte Freihandelszone der Welt geschaffen – für die Greater Bay Area eine Chance, ihre Position als internationales Logistikdrehkreuz und Fertigungsstandort für ausländische Investoren zu festigen.

Die Liste der Unterzeichnerstaaten ist lang: Mit Indonesien, Malaysia, Birma, Kambodscha, Laos, Vietnam, Thailand, Brunei, Singapur und den Philippinen sind nicht nur die zehn ASEAN-Mitgliedstaaten dabei, sondern auch Japan, Südkorea, Australien, Neuseeland und China. Zusammen erwirtschaften diese Staaten mit ihren 2,2 Milliarden Einwohnern rund 30 Prozent der Weltwirtschaftsleistung. Zum Vergleich: die Europäische Union kommt nach dem Austritt von Großbritannien auf rund 15 Prozent. Ursprünglich war sogar Indien mit an Bord, zog sich aber 2019 zurück – zu groß war die Angst vor Billigimporten aus China und die Sorge, man schade am Ende der heimischen Wirtschaft.

Shanella Rajanayagam, Trade Economist, HSBC
RCEP soll die bereits existierenden Abkommen in den Bereichen Handel, Dienstleistungen, Investitionen, geistiges Eigentum, E-Commerce, Wettbewerb, staatliche Beschaffung und Konfliktbeilegung zusammenfassen und optimieren

Bereits vor RCEP gab es eine Fülle von bilateralen Abkommen zwischen den ASEAN-Staaten und anderen asiatischen Ländern und damit einen schieren Dschungel an Bestimmungen, durch die man nur schwer und zeitintensiv navigieren konnte. Damit soll nun Schluss sein. „RCEP soll die bereits existierenden Abkommen in den Bereichen Handel, Dienstleistungen, Investitionen, geistiges Eigentum, E-Commerce, Wettbewerb, staatliche Beschaffung und Konfliktbeilegung zusammenfassen und optimieren“, erklärt Shanella Rajanayagam, Trade Economist Global Research der HSBC Holdings PLC. Gleichzeitig sollen mit Inkrafttreten rund 65 Prozent des Warenhandels innerhalb des RCEP-Gebiets zollfrei werden, langfristig sind sogar 90 Prozent der Waren anvisiert. „Ein weiteres wichtiges Ziel ist es, die die Bürokratie zu verringern“, so Rajanayagam weiter. Beispielsweise sollen die Zollprozesse und andere Im- und Exportregeln vereinheitlicht werden. „Bereits existierende, grenzüberschreitenden Geschäfte in der Region werden durch RCEP einfacher“, resümiert sie. Ein besonders wichtiger Aspekt ist für sie „die Harmonisierung der Ursprungsregeln“. So kann beispielsweise ein vietnamesisches Unternehmen, das japanische Teile nutzt, das fertige Produkt zollfrei ohne großen bürokratischen Aufwand nach China exportieren, weil nur ein einziges Herkunftszertifikat notwendig ist.

Neue Chancen in der Greater Bay Area

Geopolitisch unterstützt RCEP die Bedeutung Chinas, der größten Volkswirtschaft unter den Unterzeichnern. Zudem haben sich erstmals die großen Wirtschaftsmächte China, Japan und Südkorea auf ein Freihandelsabkommen geeinigt. Allein diese drei Länder erwirtschaften mehr als 80 Prozent des Bruttoinlandsprodukts des RCEP-Raums. Auch deshalb wird die Greater Bay Area mit ihrer exzellenten Infrastruktur von den Handelserleichterungen des RCEP profitieren. Dies nicht zuletzt, weil es dadurch für ausländische Investoren noch ein wenig interessanter werden könnte – immerhin schließt das RCEP Tochtergesellschaften ausländischer Unternehmen im Geltungsbereich ein. „Diese können dann die Greater Bay Area als Exportbasis für das gesamte RCEP-Gebiet nutzen – und auch mit Vormaterialien von Zulieferern aus anderen Staaten des Abkommens zu RCEP-Bedingungen arbeiten. Das ist definitiv ein Standortvorteil“, erklärt Rajanayagam. Damit dürfte es um einiges leichter werden, die regionalen Wertschöpfungs- und Lieferketten zu managen. Andererseits könnte RCEP aber auch den Druck erhöhen, nach Asien zu expandieren, um an den Veränderungen teilzuhaben. „Es gibt zwar bereits viele Handelsabkommen der EU mit asiatischen Ländern wie Japan, Vietnam, Singapur und Südkorea, aber sie verbinden nicht alle Volkswirtschaften in der Region, wie es das RCEP tut.“

Demnächst auch Hongkong?

In Anbetracht der Vorteile ist auch Hongkong bestrebt, dem Abkommen beizutreten. China unterstützt dieses Anliegen, schließlich dürfte dies auch für die Greater Bay Area von Vorteil sein. Dass die Sonderverwaltungszone nicht bei den Gründungsmitgliedern dabei ist, hat einen einfachen Grund: „Als die RCEP-Verhandlungen begannen, bestand das Hauptziel darin, auf bestehende Handelsabkommen zwischen ASEAN und anderen Ländern im asiatisch-pazifischen Raum aufzubauen – und zu dieser Zeit gab es einfach kein Abkommen mit Hongkong, das hätte einbezogen werden können“, erklärt Rajanayagam. „Als das Abkommen zwischen ASEAN und Hongkong 2019 in Kraft trat, waren die Verhandlungen für RCEP bereits zu weit fortgeschritten.“ Nach den RCEP-Regeln kann Hongkong frühestens 18 Monate nach Inkrafttreten des Abkommens beitreten.

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Ohnehin wird es dauern, bis sich RCEP wirklich bemerkbar macht, denn das RCEP-Abkommen tritt erst 60 Tage nachdem sechs der ASEAN-Länder und drei der anderen Unterzeichner es ratifiziert haben in Kraft. Bisher ist das in China, Singapur und Japan der Fall, Thailand hat bereits eine Hürde im Parlament genommen. „Im Augenblick geht man davon aus, dass es zum 1. Januar 2022 so weit sein wird“, sagt Rajanayagam. Sicher ist auch, dass es sich um ein sehr komplexes Regelwerk handelt, das sich über Tausende von Seiten zieht und das seine Wirkung erst nach und nach entfalten wird. Etliche Veränderungen sind graduell angelegt und ziehen sich bis zu 20 Jahre. Am ehesten könnte man RCEP mit einem Ozeanriesen vergleichen, der für eine Wende eben Zeit braucht, dann aber, in Fahrt gekommen, nur schwer aufzuhalten ist.

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