Gentests können bei Seltenen Erkrankungen Klarheit bringen
Die Antwort auf gesundheitliche Fragen liegt häufig in den Genen: So haben etwa 72 Prozent der Seltenen Erkrankungen genetische Ursachen.1 Bis zur korrekten Diagnose einer sogenannten „rare disease“ vergehen durchschnittlich fünf Jahre – oft ein langer Leidensweg voller Sorgen, Ängste und Unsicherheiten für viele Betroffene und ihre Familien. Gentests können hier nicht nur für Gewissheit dank einer präzisen Diagnose sorgen, sondern auch weitere wichtige Informationen liefern – etwa zum Verlauf der Krankheit oder zur Risikoeinschätzung bei Familienmitgliedern. Auch im Bereich erblicher Netzhauterkrankungen sind Gentests essenziell.

Eine frühzeitige und präzise Diagnose ist bei der erblichen Netzhauterkrankung Retinitis pigmentosa entscheidend (Bild: Janssen-Cilag GmbH)
Seit dem Jahr 2001 gilt das menschliche Erbgut (medizinisch: Genom) als vollständig entschlüsselt – ein Meilenstein für die moderne Medizin. Denn die mehr als 3,2 Milliarden Basenpaare geben nicht nur Aufschluss darüber, welche Haar- und Augenfarbe wir haben, sondern auch darüber, wie anfällig wir für bestimmte Erkrankungen sind beziehungsweise welche Krankheiten wir bereits in uns tragen.
Auch die Ursache erblicher Netzhauterkrankungen liegt in einem Defekt des genetischen Bauplans der Netzhautzellen. Bisher sind mehr als 150 Gene als mögliche Auslöser für diese Gruppe von seltenen Erkrankungen identifiziert. Durch die verschiedenen kleinen Veränderungen in der Erbinformation kommt es zu einer fortschreitenden Zerstörung der Netzhaut (Retina) beider Augen. Diese Erkrankungen werden daher auch als erbliche Netzhautdegenerationen oder -dystrophien bezeichnet. Weltweit sind schätzungsweise mehr als zwei Millionen Menschen davon betroffen.2
Der Weg zur Diagnose
Bei Verdacht auf eine erbliche Netzhauterkrankung erfolgt die Überweisung an eine:n Augenärzt:in. Eine Augenuntersuchung kann bereits Anzeichen für die Erkrankung aufdecken. Außerdem werden die persönliche Krankheitsgeschichte sowie die Familienanamnese erhoben. Anschließend wird beurteilt, ob eine molekulargenetische Untersuchung durchgeführt werden sollte.

Der Ablauf ist dabei unkompliziert: Für den Gentest wird lediglich eine Blutprobe benötigt, die dann in einem Genlabor untersucht wird. Die Kosten werden in der Regel von den gesetzlichen Krankenkassen übernommen. Privatversicherte sollten sich bereits vor der Blutentnahme die Zusage für die Kostenübernahme zur Durchführung eines Gentests von ihrer Krankenversicherung einholen.
Warum sind frühzeitige Gentests so wichtig?
Ein Gentest stellt die einzige Untersuchungsmethode dar, um die genetische Ursache für die durch die Degeneration der Retina ausgelöste Sehschwäche oder den Sehverlust genau zu bestimmen. Wie bedeutsam diese Art der Untersuchung ist, zeigen die Zahlen: Ein Gentest kann bei bis zu 76 Prozent der Menschen mit einer erblichen Netzhauterkrankung dabei helfen, die genetische Ursache zu identifizieren.3 Denn oft erschweren unspezifische Symptome, die konkrete erbliche Netzhauterkrankung zu identifizieren. Zu den typischen Merkmalen, die allein oder in Kombination auftreten können, zählen beispielsweise Schwierigkeiten beim Sehen in der Nacht – auch als Nachtblindheit bekannt –, Lichtempfindlichkeit, blinde Flecken im Gesichtsfeld, unkontrollierte Augenbewegungen, der sogenannte Tunnelblick, Weitsichtigkeit und Farbblindheit.
Die präzise Diagnose ist vor allem für die Wahl weiterer Behandlungsoptionen von Bedeutung. Erst dann können eventuelle Vorsorge- oder Therapiemaßnahmen, sofern vorhanden, ergriffen werden. Darüber hinaus kann ein Gentest die Prognose erleichtern, wie sich die Sehkraft im Laufe der Krankheit verändern kann, sowie mögliche gesundheitliche Auswirkungen auf andere Bereiche des Körpers aufdecken. In jedem Fall sollte eine Überweisung an eine:n Spezialist:in erfolgen, um die bestmögliche Versorgung der Patient:innen zu gewährleisten. Gentests können außerdem Aufschluss darüber geben, ob Therapiemöglichkeiten bestehen oder ob eine Teilnahme an klinischen Studien in Frage kommt. Patient:innen können sich nach ihrer exakten Diagnose in ein Register für laufende oder kommende Studien eintragen lassen, etwa bei der Patientenorganisation PRO RETINA. Auch das Risiko für weitere Familienmitglieder oder für mögliche Nachkommen können mithilfe einer genetischen Untersuchung besser eingeschätzt werden.
Forschung bietet Betroffenen neue Perspektiven
„Selbst wenn es für die zugrundeliegenden Genmutationen bei erblich bedingten Netzhauterkrankungen heute nur sehr wenige Therapiemöglichkeiten gibt, ist es durchaus sinnvoll, sich testen zu lassen“, erklärt auch Dr. Ursula Kleine-Voßbeck, Medizinische Direktorin im Bereich Augenheilkunde beim Pharmaunternehmen Janssen-Cilag GmbH. „Es wird intensiv nach neuen Behandlungsmöglichkeiten geforscht – auch bei uns.“ Die Gentherapie ist hier einer der zentralen und vielversprechenden Ansätze für die Zukunft. Das Unternehmen hat den Anspruch, durch kontinuierliche Forschung dazu beizutragen, Menschen mit seltenen Krankheiten eine Perspektive bieten zu können. Neben der Forschung macht Janssen sich deshalb vor allem für die Aufklärung stark. Auf dem Informationsportal „JanssenWithMe“ bietet das Unternehmen Informationen rund um das Thema erbliche Netzhauterkrankungen und Gentests. Außerdem finden Betroffene dort Anlaufstellen für weitere Unterstützung.
Quellen
1 Nguengang Wakap, S., Lambert, D.M., Olry, A. et al.: Estimating cumulative point prevalence of rare diseases: analysis of the Orphanet database, Abruf am 31.01.24
2 Cremers FRP et al. Genes 2018; 9(4):215
3 AO Quality of Care Secretariat, Hoskins Center for Quality Eye Care: Recommendations on Clinical Assessment of Patients with Inherited Retinal Degenerations – 2022, Abruf am 31.01.24