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„Auf uns Mobilitätsdesigner wartet viel Arbeit“
Verlagsspezial: Automobile Zukunft

„Auf uns Mobilitätsdesigner wartet viel Arbeit“

Bis ihr eigenes Designstudio fertiggestellt ist, kommen die Studierenden des Studiengangs „Design und Mobilität“ im Spiegelhaus des in Selb ansässigen Porzellanherstellers Rosenthal unter. FOTO Hochschule hof

Lutz Fügener, Leiter des neuen Studiengangs „Mobilität und Design“ an der Hochschule Hof, im Interview über gute und schlechte Designtrends bei Autos, anstehende dramatische Veränderungen der Autoindustrie und die neue Generation seiner Studierenden.

Was ist Ihnen wichtig, wenn Sie sich zum ersten Mal in ein für Sie neues Auto setzen?
Das kommt auf die Situation an. Nehmen wir an, ich setze mich nach einer Flugreise nachts im Regen in einen Mietwagen und fahre los. Es gibt weder eine Einweisung noch Handbücher, und am Flughafen bin ich sofort im Verkehrsgewühle. In dieser angespannten Situation erwarte ich ein rein funktionales Interieur. Unabhängig davon, ob ich es attraktiv oder innovativ finde, ist es sicherheitsrelevant, dass ich das Auto bedienen kann. In einer entspannten Situation, auf einer Messe oder im Autohaus, achte ich auf ganz andere Aspekte. Dasselbe Interieur kann ganz anders auf mich wirken. Erwartungen hängen auch vom Autotyp ab: Ist es für den täglichen Gebrauch gedacht, müssen Funktionen intuitiv gestaltet sein, während die Besitzer von Sportwagen Spaß daran haben, sich die Bedienung zu erarbeiten.

Nach 21 Jahren ist der Designprofessor Lutz Fügener von der Hochschule Pforzheim an die Hochschule Hof gewechselt. FOTO Jörg Künstle

Gibt es einen Designtrend, der Ihnen richtig gut gefällt, und einen, der Ihnen richtig auf die Nerven geht?
Ein Trend, der mich wirklich ärgert, ist, dass Autos immer größer und schwerer werden. Aber darauf haben Designer nur mittelbar Einfluss. Was zu meiner Domäne zählt und mir derzeit gut gefällt, ist die neue Sachlichkeit, zu dem das Design des Interieurs zurückkehrt. Die Verspieltheit, die im vergangenen Jahrzehnt dominiert hat, verschwindet wieder zugunsten der klassischen Funktionalität. Weniger gut finde ich den mangelnden Mut, den Kunden etwas Neues zu präsentieren. Um auf der sicheren Seite zu sein, entscheiden sich Designer beispielsweise bei den Materialien im Innenraum immer für die vorgespielte Ledernarbung des Armaturenbretts oder für das echte Leder auf Sitzen, wenn Luxus signalisiert werden soll. Diskutiert wird im Design vieles, was aber letztlich auf den Markt gebracht wird und die Kunden kaufen, entspricht oft nur dem Altbewährten.

Sie haben einmal gesagt, in den nächsten zehn Jahren werde sich die Automobil­industrie so stark bewegen wie in den letzten 50 Jahren zusammen. Wie meinen Sie das?
Damit meine ich die Veränderungsprozesse, die wir heute schon sehen können. Beispielsweise wird in etwas mehr als zehn Jahren kein Auto mit Verbrennungsmotor mehr gebaut werden. Der Wechsel des Antriebs wirkt sich auf die Tankinfrastruktur aus, die Mineralölhersteller wissen, dass ihre Umsätze hier zurückgehen werden. Ändern sie ihr Angebot, wird das wiederum die Produkte auf der Straße beeinflussen. Eine solche Zäsur hat es noch nie gegeben. Hinzu kommt Regulierung, aus Gründen des Umweltschutzes oder um den Verkehr in den Innenstädten zu verringern. Das kann heißen, dass Auto gar nicht mehr hineindürfen oder nur noch, wenn sie halb so groß oder halb so breit sind wie heute. Darauf müssen Hersteller reagieren, und wer das nicht schafft, wird nicht überleben.

Nach 21 Jahren sind Sie von der Hochschule Pforzheim an die Hochschule Hof gewechselt und leiten dort den neuen Studiengang „Design und Mobilität“. Hat der Wechsel etwas mit den Veränderungen in der Autoindustrie zu tun?
Das Auto ist zwar noch der Träger der Individualmobilität weltweit und stand deshalb als Designgegenstand in Pforzheim im Zentrum. Aber der gesellschaftliche Fokus der Mobilität verlagert sich, und das wollen wir hier in Hof abbilden. Wir sind thematisch breiter aufgestellt, und auch wenn das Auto in unseren Ideen und Entwürfen noch immer eine wichtige Rolle spielt, sehen wir es hier eher als Ausgangspunkt unserer Überlegungen und nicht als Ergebnis. Das heißt, wir befassen uns zum einen gleichberechtigt mit anderen Verkehrsformen – mit der Bahn, dem öffentlichen Verkehr, dem Verkehr auf dem Wasser oder in der Luft. Zum anderen ist für uns auch die Infrastruktur wichtig, die sich – wie das Auto – in den vergangenen 100 Jahren konzeptionell nicht weiterentwickelt hat. Auch hier gibt es Stellschrauben für die Entwicklung, die wir über das Verkehrsmittel allein nicht erreichen können.

Sie wollen Mobilität designen. Wie ist das zu verstehen?
Am besten lässt sich das mit einem Vergleich erklären. Es gibt einen designorientierten Leuchtenhersteller, der für sich in Anspruch nimmt, nicht die Leuchten, sondern das Licht zu gestalten. Das entspricht unserer Sichtweise: Wir wollen nicht nur die Verkehrsmittel gestalten, sondern auch die Mobilität als solche. Deshalb ist bei unserer Fragestellung, wie Personen oder Güter von A nach B transportiert werden, denkbar, nicht nur über das beste Transportmittel nachzudenken, sondern auch, wie der Transport vermieden werden könnte. Immerhin haben wir in der Hochphase der Pandemie gelernt, dass Mobilität an vielen Stellen durch etwas anderes ersetzt werden kann. 

Hat die Generation Ihrer Studierenden ein anderes Verhältnis zum Auto als frühere?
Ja, unsere Studierenden gehören in diesem Punkt definitiv einer anderen Generation an. Früher war das Erlangen von mehr  Mobilität – vom Fahrrad, zum Mofa, zum Auto – mit großen Emotionen verbunden, weil sie eher ein Mangel war. Unsere Studierenden kennen diesen Mangel nicht. Für sie ist Mobilität so normal, wie über ein eigenes Bett zu verfügen. Diese hohe emotionale Bindung an Mobilität gibt es nicht mehr, und das ist nicht für uns Lehrende, sondern auch für die Industrie ein wichtiges Signal. Die Welt verändert sich zurzeit sehr stark, auf uns Mobilitätsdesigner wartet viel Arbeit, und mit der jungen Generation sind genau die Richtigen dafür am Start.

Sind Kunden und Wirtschaft schon bereit für Ihre Absolventinnen und Absolventen?
Das ist unsere größte Herausforderung: Wir bilden hier ein Profil aus, für das es tatsächlich noch gar nicht die adäquaten Arbeitsplätze da draußen gibt. Wir sind aber überzeugt, dass das, was unsere Studierenden hier lernen, in naher Zukunft auf eine entsprechende Realität in der Arbeitswelt und der Gesellschaft treffen wird. Die Veränderungen werden kommen, und da wollen wir ganz vorn dabei sein. Auf vielen entscheidenden Positionen sitzt die alte Generation, und das wird noch ein paar Jahre so bleiben. Da müssen sich unsere Leute durchbeißen, und wir können nur hoffen, dass sie den Weitblick, den wir diesem Studiengang eingepflanzt haben, darüber nicht verlieren. 

Das Interview führte Michael Hasenpusch

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