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Mit gelebter Vielfalt zum Erfolg

Mit gelebter Vielfalt zum Erfolg

Gelebte Diversität ist mehr als Frauenförderung. Es geht darum, Weltoffenheit zu zeigen.
Foto Rifka Hayati/istock

Diversität bringt Unternehmen neue Perspektiven – und ist damit gut fürs Geschäft. Durch gutes Personalmarketing lässt sich gezielt ein diverses Publikum ansprechen. Quoten gelten hingegen als kontraproduktiv. 

 Von Harald Czycholl

Es gibt Premieren, die lassen über dreieinhalb Jahrhunderte auf sich warten: Seit einem Jahr wird der Pharma- und Chemiekonzern Merck nun von einer Frau geführt. Das mehr als 350 Jahre alte Traditionsunternehmen aus Darmstadt hat zum 1. Mai vergangenen Jahres mit der Spanierin Belén Garijo zum ersten Mal eine Frau an die Spitze des Vorstandes berufen. Die 62-Jährige ist zugleich die erste Frau auf dem alleinigen Chefsessel eines Dax-Unternehmens überhaupt. Garijo hat sich zum Ziel gesetzt, mehr Frauen in Managementpositionen zu bringen und die Diversität im Unternehmen zu fördern. 35 Prozent der Führungspositionen bei Merck seien bereits mit Frauen besetzt. „Diversität ist wichtig, weil sie gut für das Geschäft ist“, sagt die Managerin.

Diversität fördert Kreativität

Frauen in Vorständen sind in Deutschland immer noch selten. Allerdings ist der Anteil der Topmanagerinnen in den Führungsetagen börsennotierter Unternehmen zuletzt deutlich auf nunmehr 13,4 Prozent gestiegen, zeigt eine Untersuchung der gemeinnützigen Allbright-­Stiftung. In den Vorständen der Unternehmen aus Dax, M-Dax und S-Dax saßen demnach 93 Frauen 603 Männern gegenüber. Dabei würden Unternehmen von mehr Diversität auf der Führungsebene profitieren, meint Julia E. Hoch, Professorin für Arbeits- und Organisationspsychologie an der California State University Northridge in den Vereinigten Staaten. „Diversität bringt mehr Perspektiven ins Unternehmen und damit mehr Kreativität und Innovation und bessere Lösungen für aufkommende Probleme.“

Stefan Klemm, Gründer und Inhaber des Entrepreneurs Club, gibt ihr recht. „Eine stärker weibliche und insgesamt diverse Führungsebene bringt auch diverse Sichtweisen in einen Geschäftsanfang.“ Dies gelte sowohl mit Blick auf die Führungsweise als auch für innovative Produktentwicklungen. So seien früher etwa Autos nur für Männer konstruiert worden, selbst die Crashtest-Dummys seien männlich gewesen. Daraus hätten sich sicherheitsrelevante Nachteile für Frauen ergeben, so Klemm. „Heute ist die Diversität sowohl für kaufkräftige Zielgruppen, deren Bedürfnisse es bereits bei der Produktentwicklung zu verstehen gilt, als auch bei nachrückenden Fachkräften von großer Relevanz, wenn ein Unternehmen konkurrenzfähig bleiben will“, sagt Klemm.

Diversität sorge zudem für mehr Agilität, ergänzt Wirtschaftspsychologin Hoch. Und diese sei in Zeiten globalen Wandels für die Unternehmen besonders wichtig. Es sei daher weniger die Frage, ob man die Diversität im Unternehmen – speziell auf der Führungsebene – fördern solle, denn das sei eigentlich eine Selbstverständlichkeit. „Es geht darum, wie man dabei vorgeht, sodass man ein möglichst positives Ergebnis hat, alle Ideen mitnimmt und sich niemand zurückgelassen fühlt“, so die Expertin. Die Fähigkeit zum Wandel selbst sei daher der wesentliche Erfolgsfaktor.

Dabei ist gelebte Diversität in Unternehmen mehr als nur Frauenförderung: Es geht ebenso darum, weltoffener zu werden und sich auch für andere Kulturen und sexuelle Orientierungen zu öffnen. „Diversität lässt sich aus Unternehmen nicht mehr wegdiskutieren. Die Gesellschaft, die Arbeitswelt ist internationaler und multikultureller geworden“, sagt Petra Perlenfein, Karriereberaterin aus Stuttgart. Auch angesichts der jüngsten Flüchtlingsbewegungen seien Unternehmen gefordert, Diversität zu leben. Denn die Vorteile für die Unternehmen seien vielfältig. „Der Austausch von unterschiedlichen Ideen führt zu einem besseren Teamergebnis“, hebt Perlenfein hervor. Zudem seien Teams mit einem hohen Anteil an Diversität in der Regel offener und hätten eine konstruktive Fehlerkultur. „Sie haben eine höhere Toleranz gegenüber anderen, lernen besser voneinander und sind flexibler im Kopf“, so die Expertin. „Das ist bei der Projektbearbeitung und bei der Lösungsfindung von Problemen sehr wichtig.“

Vorteile im „War for Talents“

In vielen Branchen würde mehr Diversität zudem für Vorteile im viel beschworenen „War for Talents“ sorgen. Denn in Branchen wie der Pflege, der Gastronomie und der IT würden schließlich seit Langem schon Fach- und Führungskräfte fehlen, so Perlenfein. Durch mehr Offenheit könnten Unternehmen sich da einen Wettbewerbsvorteil verschaffen. „Durch ein gutes Personal­marketing und Betonung von Diversität in den Stellenanzeigen können andere Personengruppen angesprochen werden“, so die Expertin. Durch die Verbreitung der Stellenangebote über die sozialen Netzwerke könne man ein junges, internationales und diverses Publikum erreichen. Im Unternehmen selbst seien zudem Teamworkshops, Projekte für mehr Diversität, Jobrotation, Auslandseinsätze und eine verstärkte internationale Zusammenarbeit Ansatzpunkte für eine offenere Unternehmenskultur.

Generierung vielfältiger Führungskräfte

Nicht zuletzt aufgrund der vielfältigen ökonomischen Vorteile liege mehr Diversität vielen Unternehmern am Herzen, betont Entrepreneurs-Club-Inhaber Klemm. Das zeige sich dann häufig an dem Engagement dafür, gezielt die Generierung von diversen Führungskräften aus der Mitte des Unternehmens voranzutreiben. „Zielführend wirken unter anderem Maßnahmen wie individuelle Weiterbildung, die Einführung von Führungspositionen in Teilzeit, ein Angebot der Kinderbetreuung sowie eine Fokussierung auf die zahlreichen Vorteile von Diversität auch als Einstellungskriterium“, so Klemm. Hier seien einerseits die Unternehmen selbst gefragt, die Rahmenbedingungen zu verbessern, aber auch Politik und Gesellschaft. „Und damit meine ich keine Frauenquote, die gerade auch von weiblichen Führungskräften eher abgelehnt wird.“
So spricht sich auch Karriereexpertin Petra Perlenfein klar gegen Quoten aus – denn diese würden bei Stellenbesetzungen im Nachhinein zu Diskussionen in der Belegschaft führen. Zumal es auch der Autorität der jeweiligen Führungskraft schadet, wenn unter den Mitarbeitenden darüber getuschelt wird, dass sie es nur aufgrund ihres Geschlechts oder ihres Migrationshintergrundes auf die entsprechende Position geschafft habe. Auch Merck-Vorstandschefin Garijo hält nichts von Quotenregelungen. „Ich bin gegen jede Diskriminierung, positive wie negative.“ Sie hat es schließlich auch ohne Quote ganz nach oben geschafft – durch Kompetenz und Willensstärke.

 

 

 

 

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