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Die Krux der Lieferkette

Immer mehr Unternehmen wollen nachhaltig werden. Doch ein großes Hindernis sind dabei Zulieferer, deren Geschäftspraktiken schwer überprüfbar sind. Nun drohen politische Vorgaben, die Unternehmen vor massive Herausforderungen stellen werden.

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Die Auswahl der richtigen Jeans ist für einige ein Glaubensbekenntnis, ähnlich etwa wie die Frage nach der Lieblings-Cola oder der bevorzugten Sportmodemarke. Bei den blauen Hosen heißt es entweder Wrangler oder Levi’s. Doch egal welchen Jeans-Hersteller der Kunde am Ende auswählte, eine Nebenwirkung muss er immer akzeptieren: Die Produktion ist arbeitsaufwändig und nutzt tausende verschiedene Chemikalien. Unter Nachhaltigkeitsgesichtspunkten gibt es bessere Produkte als Jeanshosen, in die man seine Beine kleiden kann.

Levi Strauss & Co., die Firma hinter Levi’s, will dies ändern. Vor zwei Jahren startete der Jeanshersteller das Project FLX (Future-Led Execution), das die Lieferkette nachhaltiger und effizienter machen soll. Primär sollen dabei die Prozesse automatisiert werden, das Design digitalisiert und verschiedene Chemikalien aus der Produktion genommen werden.

Ein großes Versprechen, aber Unternehmenschef Chip Bergh war sich anlässlich der Projektpräsentation 2018 sicher: „Wir glauben, dass es möglich ist, sowohl agil als auch nachhaltig zu sein, ohne die Authentizität zu beeinträchtigen, die unsere Verbraucher von uns erwarten.“

Die Firma aus San Francisco ist damit Teil einer Entwicklung, die nach und nach alle Wirtschaftszweige erreicht. Überall nehmen sich Unternehmen vor, nicht mehr nur vor der eigenen Tür zu kehren, sondern auch Zulieferer dazu zu bringen, nachhaltiger zu arbeiten. Für eine glaubhafte Nachhaltigkeitsstrategie ist das unumgänglich. Die Unternehmensberatung McKinsey schätzt, dass sich 90 Prozent der Auswirkungen, die Unternehmensaktivitäten auf die Umwelt haben, in der Lieferkette finden.

Unsaubere Geschäftspraktiken bei Zulieferern können für Unternehmen aber zunehmend zum Problem werden. Kunden sind heute kritischer, die Berichterstattung über Missstände verbreiteter. Laut einer Unilever-Studie achtet ein Drittel aller Konsumenten beim Einkauf auf Nachhaltigkeitskriterien. Beim B2B-Geschäft sieht es nicht anders aus, immer mehr Firmen pochen darauf, dass ihre Geschäftspartner Nachhaltigkeitsvorgaben einhalten. Die Art der möglichen Probleme in den Lieferketten ist wiederum vielfältig: Umweltschäden, schlechte Arbeitsbedingungen, Kinderarbeit oder mangelnde Gleichberechtigung aller Angestellten sind nur einige der Risiken. Angesichts drohender neuer Gesetze kann das für Unternehmen zu einem großen Risiko werden.

Die Lieferkette aber wirklich auf Nachhaltigkeit hin anzupassen, ist für viele Unternehmen gar nicht so einfach. Eine in der Harvard Business Review erschienene Studie kam zu dem Schluss, dass selbst bei den direkten Zulieferern großer Konzerne oft vereinbarte Nachhaltigkeitsstandards nicht eingehalten werden. „Wenn beispielhafte multinationale Konzerne Schwierigkeiten haben, bei ihren Zulieferern auf den unteren Ebenen für gute Praktiken zu sorgen, dann geht es "normalen" Unternehmen aller Wahrscheinlichkeit nach noch schlechter“, warnten die Studienautoren.

Doch einige Maßnahmen haben sich in den vergangenen Jahren als sehr wirksam erwiesen, wenn Unternehmen ihre Lieferkette nachhaltig aufstellen wollten.

Code of Conduct

Papier gilt zwar gemeinhin als geduldig, doch Verhaltensregeln müssen festgehalten werden. Dafür plädieren Experten wie ein Team des Global Compact der Vereinten Nationen. Das können Einzelunternehmen für sich selbst machen – wie etwa Levi Strauss – alternativ können sich aber auch ganze Industriezweige einen gemeinsamen Verhaltenskodex auferlegen. So geschehen zum Beispiel durch die Responsible Business Alliance (RBA), in der einige der größte Elektronikkonzerne der Welt organisiert sind, etwa Amazon, IBM und Microsoft. In ihrem Kodex verpflichten sie sich – und damit indirekt auch ihre Zulieferer – zum Beispiel darauf, angemessene Löhne zu bezahlen, keine Kinder zu beschäftigen und eingesetzte Chemikalien ordnungsgemäß zu entsorgen.

Der richtige Umfang

Gerade bei multinationalen Konzernen ist das gesamte Zulieferernetz meist so komplex, dass auch im Unternehmen selbst nur die wenigsten einen Gesamtüberblick haben. Viele erfolgreiche Nachhaltigkeitsinitiativen fokussieren sich deshalb vor allem auf strategisch wichtige oder besonders „verdächtige“ Zulieferer. Der Autohersteller Ford etwa konzentriert sich besonders auf die Roheisenzulieferer. In dem Bereich ist Zwangsarbeit verhältnismäßig weit verbreitet, entsprechend drang Ford hier bis in die unterste Zuliefererebene durch, um dies für seine Wertschöpfungskette auszuschließen.

Andere Firmen wie der norwegische Telekommunikationskonzern Telenor oder der indische Autohersteller Mahindra & Mahindra kategorisierten ihre Zulieferer nach dem „Nachhaltigkeitsrisiko“, das in deren Arbeit schlummerte. Die mit dem höchsten Risiko wurden in der Folge am genauesten beobachtet und zur Einhaltung der Ziele gedrängt.

Nur Kooperation hilft

Viele Positivbeispiele zeichnen sich auch dadurch aus, dass Firmen mit ihren Zulieferern zusammenarbeiten, anstatt nur von oben herab Bedingungen zu diktieren. So lädt Coca-Cola zum Beispiel regelmäßig die wichtigsten Lieferanten in die Unternehmenszentrale in Atlanta ein, um über Nachhaltigkeitsziele zu diskutieren und den Geschäftspartnern zu erklären, welche Rolle diese für den langfristigen Konzernerfolg haben. Hewlett-Packard (HP) unterstützte einige seiner Lieferanten sogar mit Schulungsprojekten, die den Mitarbeitern der Firmen die Bedingungen des RBA-Kodexes vermittelten.

Der Druck steigt

Gerade für deutsche Unternehmen könnte der Druck in den kommenden Jahren noch einmal steigern, die eigenen Lieferketten gründlich zu durchleuchten. Seit einiger Zeit arbeitet die hiesige Regierung an einem Lieferkettengesetz, dass Unternehmen dazu verpflichten soll, entlang ihrer Lieferketten gewisse Mindeststandards einzuhalten. Ursprünglich geht die Initiative auf einen Beschluss der Vereinten Nationen aus dem Jahr 2011 zurück, die „UN-Leitprinzipien für Wirtschaft und Menschenrechte“.

Die genaue Ausgestaltung des Gesetzes ist noch unklar. Wie weit soll die Verantwortung der Firmen reichen? Nur bis zu den unmittelbaren Zulieferern oder doch weiter? Und gibt es bei Verstößen Geldstrafen? Die großen Industrieverbände bemühen sich aktuell noch, ein zu scharfes Gesetz zu verhindern.

„Ein praktikables Lieferkettengesetz muss in der täglichen Praxis umsetzbar sein und darf den Unternehmen nicht Pflichten auferlegen, die selbst unsere Bundesregierung in Vereinbarungen mit anderen Staaten nicht durchzusetzen vermag“, beklagt etwa die Bundesvereinigung der Deutschen Arbeitgeberverbände.

Allerdings schnitten nach wie vor beim jüngsten Monitoring der Bundesregierung im Rahmen des Nationalen Aktionsplans Wirtschaft und Menschenrechte (NAP-Monitoring) nur 20 Prozent der überprüften Unternehmen zufriedenstellend ab. „Freiwillig tun die Unternehmen viel zu wenig für die Menschenrechte“, sagte dazu Johannes Heeg, Sprecher der Initiative Lieferkettengesetz: „Diesen Beweis muss die Bundesregierung nun anerkennen und ein Lieferkettengesetz vorlegen.“

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