Die Wiederentdeckung einer bedeutenden Malerin


Bettina Heinen-Ayech (1937-2020) ist die Tochter des Journalisten und Dichters Hanns Heinen und von Erna Heinen-Steinhoff, die in den Häusern der Künstlerkolonie „Schwarzes Haus“ ihren Kunst- und Literatursalon unterhielt. Aufgewachsen in einem freigeistigen und intellektuellen Milieu in Solingen, in dem das Gefühlte und Gedachte besonders wichtig war, hatte sie die besten Voraussetzungen und Bedingungen, um ihr beeindruckendes Talent zu entfalten. Hier lernte Bettina auch ihren wichtigsten Lehrer und Mentor kennen, den Maler Erwin Bowien (1899-1972). Sie blieb ihm ein Leben lang verbunden und unternahm mit ihm zahlreiche Kunstreisen durch ganz Europa. Vor allem aber waren es ihr Mut, ihre unstillbare Neugier und ihre ungestüme Begeisterung, die sie die Welt von Norwegen bis Sylt, von Paris bis Algerien immer wieder neu sehen und malerisch erfassen ließen. Gemeinsam mit Bettina Heinen-Ayech und später Amud Uwe Millies gründete der Kosmopolit Erwin Bowien die Künstlerkolonie 'Schwarzes Haus' Solingen. Sie bildeten die drei malenden Akteure der Künstlerkolonie das „Maler-Dreigestirn“ von Solingen.

Schon das 1951 im Alter von 14 Jahren entstandene „Selbstbildnis“, eine Collage in flächig freier Form- und Farbgebung, lässt erahnen, warum Bettina Heinen-Ayech auch als „Wunderkind“ bezeichnet wurde. Auch wenn die wilde Emotionalität ihrer Arbeiten manchem Zeitgenossen mehr als ungewöhnlich erscheinen mochte, wurde sie dennoch mit nur 17 Jahren als ordentliche Studentin an den Kölner Werkschulen aufgenommen. Kein Geringerer als Karl Schmitt-Rottluff gab der damals 18-Jährigen wenig später den legendären Rat: „Bettina, bleib dir treu!“ Entdeckt hatte sie übrigens die Frankfurter Galeristin Hanna Becker vom Rath, eine Vertraute Schmitt-Rottluffs. Die Galeristin nimmt sie später auch in die weltweit beachtete Ausstellung „Deutsche Kunst der Gegenwart 1955-1956“ auf. Damit wird die junge Bettina in die erste Liga der zeitgenössischen Kunstwelt katapultiert und stellt neben Karl Schmidt-Rottluff, Paul Klee, Max Beckmann, Max Ernst, Ernst Ludwig Kirchner und Käthe Kollwitz aus.
Ausgerechnet in Paris, der Stadt der Liebe, wo sie zusammen mit ihrem Lehrer und Weggefährten Erwin Bowien im 'Jardin du Luxembourg' „plein air“ malt, lernt sie mit 23 Jahren ihren späteren Ehemann, den algerischen Unternehmer Abdelhamid Ayech, kennen. Nach ihrer Ausbildung an den Kunstakademien in Köln, München und Kopenhagen führt ein mehrmonatiger Aufenthalt im ägyptischen Luxor zu einem Erweckungserlebnis, das sie die Wüste und das Licht des Orients entdecken lässt. 1963 zog die Malerin zu ihrem algerischen Ehemann in dessen Heimatstadt Guelma. Die Städte Guelma und Biskra sollten in der Folge zu den wichtigsten algerischen Wirkungsstätten der Künstlerin werden.
Ihr Vorname „Bettina“ steht als Signatur und etablierter Künstlername für ihre Klarheit und ein außergewöhnlich beeindruckendes Werk. Mit Leidenschaft und Spontaneität malte sie, was sie sah, mit großer Ehrlichkeit sich selbst und dem Dargestellten gegenüber. Nichts ist künstlerisch manieriert. Kompromisslos malte sie, was sie sah und wie sie es sah. Sie prägte ihren eigenständigen, post-impressionistischen Kunststil mit expressiven Elementen, der zu Recht seinen Platz in der Kunstwelt beanspruchen kann. Bis zu ihrem Tod im Jahr 2020 wird Algerien abwechselnd mit Solingen ihr Lebensmittelpunkt sein. Bettina Heinen-Ayech hinterlässt ein großartiges und vielfältiges Werk. Es ist das Lebenswerk einer emanzipierten Frau, einer großen Künstlerin und einer Pendlerin zwischen den Welten.
Mit der Verleihung des Kulturpreises 1993 der Bürgerstiftung Baden und zwei Staatspreisen des algerischen Kulturministeriums in den Jahren 2009 und 2015 für das Gesamtwerk der Künstlerin hat Bettina Heinen-Ayech bereits zu Lebzeiten große Anerkennung erfahren. Die Ausstellungsliste von Bettina Heinen-Ayech umfasst über 90 große Einzelausstellungen in Museen und wichtigen Kulturinstitutionen in Europa und Nordafrika. Zahlreiche Museen besitzen Gemälde der Künstlerin.

Nach ihrem Tod im Jahr 2020 wurde 2022 die gemeinnützige Bettina Heinen-Ayech Foundation - Stiftung für Kunst, Kultur und internationalen Dialog" gegründet, um das Lebenswerk der großen Malerin Bettina Heinen-Ayech und der Protagonisten der Künstlerkolonie im Schwarzen Haus" Solingen Erwin Bowien, Hanns Heinen, Amud Uwe Millies und Erna Heinen-Steinhoff für die Nachwelt zu bewahren.
Während Bettina Heinen-Ayech in Algerien als nationale Ausnahmekünstlerin gilt, ist sie in Europa in den letzten Jahren aufgrund der langjährigen Fokussierung der Kunstwelt auf die Abstraktion etwas aus dem Blickfeld geraten.
Doch Bettina Heinen-Ayech und die Solinger Künstlerkolonie haben posthum zahlreiche Auszeichnungen erhalten und ihr Lebenswerk wieder ins Zentrum der Kunstwelt gerückt. Nun findet eine Renaissance bzw. Wiederentdeckung dieser bedeutenden Malerin statt.

2023 wurde die Solinger Künstlerkolonie „Schwarzes Haus“ Partner Member der "European Federation of Artist Colonies" (euroart) - eine Auszeichnung von europäischem Rang. Zudem gab es in diesem Jahr eine weitere große und bedeutende Anerkennung von europäischer Dimension. Die Künstlerkolonie „Schwarzes Haus“ Solingen wurde in die Kulturroute des Europarates Impressionisms Routes© aufgenommen. Entsprechend gratulierte Hendrik Wüst, Ministerpräsident des Landes Nordrhein-Westfalen, ausdrücklich zu diesen Anerkennungen, die das reiche kulturelle Erbe Nordrhein-Westfalens in besonderer Weise würdigen“.
Im Jahr 2024 wurde Bettina Heinen-Ayech vom FrauenRat NRW - einem Zusammenschluss von rund 50 Frauenverbänden und Frauengruppen - in den exklusiven Kreis der bedeutendsten historischen Frauenpersönlichkeiten „FrauenOrte NRW“ - in Nordrhein-Westfalen aufgenommen. FrauenOrte NRW erinnert an Frauenpersönlichkeiten, die die Geschichte dieses Bundeslandes entscheidend mitgeprägt haben. Bettina Heinen-Ayech wurde als große Künstlerin, als wichtigste Protagonistin der Solinger Künstlerkolonie “Schwarzes Haus" und für ihr Engagement als Botschafterin der Völkerverständigung zwischen Orient und Okzident ausgewählt.
Zudem wurde die Malerin Bettina Heinen-Ayech (1937-2020) vom Massachusetts Institute of Technology (MIT), einer der weltweit führenden Universitäten der USA, in die Website https://pantheon.world aufgenommen. Dort sind mehr als 2000 der weltweit bedeutendsten Maler:innen, die von der Antike bis heute gelebt haben, gerankt und visualisiert. Bettina Heinen-Ayech ist damit im weltweiten Who is Who der bedeutendsten Maler:innen der Welt angekommen.

Auch 2025 wird ein wichtiges Jahr für die Wiederentdeckung und Würdigung von Bettina Heinen-Ayech sein.
So wird es eine Reihe von Ausstellungen geben, die Exponate aus dem Werk dieser großen Malerin zeigen:
- In der Welt unterwegs – Die Künstlerkolonie Solingen, Gemäldegalerie Dachau, Konrad-Adenauer-Straße 3, 85221 Dachau – 31. Oktober 2024 bis 27. April 2025
- Bettina Heinen-Ayech – von Solingen in den Orient, Kunstverein Coburg e.V., Park 4a, 96450 Coburg – 25. Januar 2025 bis 11. Mai 2025
- Sehnsucht nach Ferne – Die Solinger Künstlerkolonie, Museum Villa Stahmer, Carl-Stahmer-Weg 13, 49124 Georgsmarienhütte – 18. Mai 2025 bis 29. Juni 2025
- Zwischen den Welten – Bettina Heinen-Ayech (1937-2020), Städtische Galerie Schwalenberg, Marktstraße 5, 32816 Schieder-Schwalenberg – 6. Juli 2025 bis 7. September 2025
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