Könnte eine Lösung für unsere Industrie-Emissionen in Norwegen liegen?
Veröffentlicht am 24.05.2024
Das Gestein tief unter dem Meeresboden der Nordsee bietet ideale Bedingungen für die Speicherung von CO₂, von dem in Norwegen und im restlichen Europa immer weniger direkt die Atmosphäre gelangen soll. Jetzt gibt es Pläne für eine Pipeline, die CO₂ von Europa für die dauerhafte Speicherung nach Norwegen transportieren soll. Aber ist das alles nur ein Vorwand, um das Ölzeitalter zu verlängern, wie einige Kritiker meinen?
Die Welt steckt mitten in der Klimakrise. Erneuerbare Energien wie Solar- und Windenergie werden bei der Lösung eine entscheidende Rolle spielen. Erneuerbare Energien sind aber kein Allheilmittel für alle Klimaprobleme.
Denn einige Industriezweige sind einfach zu energieintensiv, um sie vollständig zu elektrifizieren. Einige von ihnen stoßen zudem große Mengen an CO₂ aus.
Deshalb ist die Abscheidung und -speicherung von CO₂ – meist CCS abgekürzt – entscheidend, um die Emissionen zu reduzieren und die Klimaziele zu erreichen. Eines der Unternehmen, die diese Technologie nutzen wollen, ist der Düngemittel- und Chemiekonzern Yara. Yara hat Ende 2023 die weltweit erste Vereinbarung über die Abscheidung, den Transport und die Lagerung von CO₂ über nationale Grenzen hinweg unterzeichnet. In den nächsten 15 Jahren wird das Unternehmen rund 12 Millionen Tonnen CO₂ aus seiner Ammoniakproduktion in Sluiskil in den Niederlanden abscheiden und unter dem norwegischen Meeresboden speichern.
CO₂-Abscheidung und -speicherung sind für die Schwerindustrie entscheidend, um ihre Klimaziele zu erreichen. Foto: Ole Jørgen Bratland
Umfangreiche Erfahrungen aus dem norwegischen Kontinentalschelf
Die Abscheidung und Speicherung von CO₂ mag zunächst nach einem verrückten Unterfangen klingen. Doch das in Norwegen beheimatete Energieunternehmen Equinor setzt diese Technologie bereits seit fast 30 Jahren ein und hat bewiesen, dass sie machbar und sicher ist. Wie funktioniert sie also?
ABSCHEIDUNG: CO₂ kann auf verschiedene Weise abgeschieden werden. Bei Kraftwerken und anderen industriellen Prozessen wird das Gas aus den Abgasen abgetrennt. CO₂ kann auch aus Erdgas abgetrennt werden, wenn dieses aufbereitet wird, damit es die gewünschte Qualität für die Lieferung an die Kunden erreicht.
TRANSPORT: Das CO₂ wird dann komprimiert und entweder über eine Pipeline, über den Landweg oder per Schiff zu einer Empfangsanlage transportiert. Von dort gelangt es über eine Pipeline an den Ort, an dem es dauerhaft sicher gespeichert wird: tief unter dem Meeresboden.
SPEICHERUNG: Das CO₂ wird in dichte, unterirdische Gesteinsschichten in einer Tiefe von etwa einem Kilometer oder mehr geleitet. Dort wird es sicher und dauerhaft gespeichert – so wie Öl und Gas seit Millionen von Jahren im Untergrund eingeschlossen sind.
So wie der norwegische Meeresboden die größte Öl- und Gasquelle Europas ist, hat er auch das größte CO₂-Speicherpotenzial mit einer Speicherkapazität, die den norwegischen Emissionen von mehr als 1000 Jahren entspricht.
Einzigartige Ausgangsposition, um eine Führungsrolle zu übernehmen
Aber ist das ein Vorwand, um das Ölzeitalter zu verlängern, wie manche behaupten? „CCS wird nicht auf Kosten der erneuerbaren Energien gehen oder diese ersetzen“, betont Grete Tveit, Senior Vice President für Low Carbon Solutions bei Equinor. Und sowohl der Weltklimarat (IPCC) als auch die Internationale Energieagentur (IEA) haben festgestellt, dass die Kohlenstoffabscheidung und -speicherung ein wichtiger Teil der Lösung für eine CO₂-arme Zukunft sein wird.
Derzeit laufen mehrere Großprojekte, um aus den Gesteinsschichten tief unter dem norwegischen Meeresboden einen wichtigen CO₂-Speicher für die europäische Schwerindustrie zu machen.
Equinor strebt an, weitere Speicherlizenzen sowohl auf dem norwegischen Kontinentalschelf als auch anderswo zu entwickeln. Ziel ist es, eine gemeinsame Pipeline-Infrastruktur aufzubauen, die zu einer weitreichenden Dekarbonisierung und einer erheblichen Kostensenkung in der CCS-Wertschöpfungskette beiträgt. Equinor möchte bis 2035 jährlich zwischen 15 und 30 Millionen Tonnen CO₂ transportieren und speichern. Dies entspricht mehr als 60 Prozent der norwegischen Treibhausgasemissionen im Jahr 2022 und wird einen wichtigen Beitrag zur Energiewende in Europa leisten.
Foto: Arne Reidar Mortsensen
Planung einer Großpipeline
Eines der wichtigsten Projekte, die derzeit geplant werden, ist eine 1.000 Kilometer lange Pipeline zwischen Europa und Norwegen. Europäische Industriecluster sollen an diese Pipeline angeschlossen werden können, um CO₂ einfacher und kostengünstiger nach Norwegen zu transportieren.
Equinor verfügt über fast 30 Jahre Erfahrung im Bereich der Kohlenstoffabscheidung und -speicherung. Dies ist eine gute Ausgangsbasis, um bei der Entwicklung eine führende Rolle zu übernehmen, Foto: Ole Jørgen Bratland
Die geplante Pipeline, der sogenannte CO₂ Highway Europe, wird die Transportkosten im Vergleich zu Schiffen um mehr als 50 Prozent senken. Sie wird auch dazu beitragen, den Markt für CO₂-Speicherung in Norwegen und Europa zu erschließen, zu vergrößern und zu kommerzialisieren.
Equinor ist zusammen mit Shell und TotalEnergies auch Partner im Projekt Northern Lights. Northern Lights wird Norwegens erste umfassende CO₂-Wertschöpfungskette für den Transport und die Speicherung von CO₂ mit einer Speicherkapazität von bis zu 1,5 Millionen Tonnen CO₂ pro Jahr sein. Equinor ist auch an CO₂-Abscheidungs- und -Speicherprojekten der Industrie in anderen Ländern wie den USA und dem Vereinigten Königreich beteiligt.
Von der Northern Lights Anlage in Øygarden, Foto: Ole Jørgen Bratland
Große Investitionen erforderlich
Grete Tveit weist darauf hin, dass es jahrzehntelang enormer Investitionen bedurfte, um die heutigen Energiesysteme zu schaffen – und dass auch der Wandel der Energiesysteme sowohl Zeit als auch große Investitionen erfordern wird. „Die Tatsache, dass wir immer mehr Projekte im Bereich CO₂-armer Lösungen in der Wirtschaft sehen, bestärkt unser Vertrauen in den Fortschritt und die Ergebnisse – sowohl für das Klima als auch für das Entstehen neuer Industrien“, sagt Tveit.
CO₂-Abscheidung und -speicherung eröffnen der Industrie neue Möglichkeiten, Foto: Ole Jørgen Bratland
Sie betont, dass viele Voraussetzungen erfüllt sein müssen, um in diesem neuen Sektor erfolgreich zu sein. „Wir haben nicht alle Lösungen, aber wir eröffnen Möglichkeiten. Es braucht Zusammenarbeit, technologische Entwicklung, politische Ambitionen – und nicht zuletzt die Kunden – um mit einer robusten, CO₂-armen Industrie erfolgreich zu sein.“
Dieser Inhalt ist in Zusammenarbeit mit Equinor entstanden und beleuchtet den Beitrag des Unternehmens zur Dekarbonisierung der Industrie. Mehr zu Equinors Aktivitäten im Bereich CO₂-Management erfahren Sie hier.