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Ringen um die nachhaltige Energie

Ringen um die nachhaltige Energie

Subventionen für die Erzeuger von Solar- und Windstrom sollen ab Juli durch einen direkten Zuschuss des Bundes getragen werden. Foto: istock/Charlie Chesvick

Die Energiewende und der Ukrainekrieg führen zu steigenden Energiekosten. Dabei gäbe es zahlreiche Ideen, um vor allem einkommensschwache Privathaushalte zu entlasten.

Von Günter Heismann

Wird Energie bald zum Luxusgut, das sich nur noch wenige Begüterte leisten können? Das Benzin an der Tankstelle, das Erdgas für die Heizung, der Strom für Computer, Fernseher und Waschmaschinen – alle diese Energieträger haben sich in jüngster Zeit stark verteuert. Nach dem völkerrechtswidrigen Angriff Russlands auf die Ukraine schossen die Preise für Rohöl und Erdgas steil in die Höhe. Doch auch die Klimapolitik trägt dazu bei, dass die Verbraucher höhere Energiekosten tragen müssen.

Die Nutzung von Solarenergie und Windkraft ist leider immer noch nicht so kostengünstig wie der Einsatz von Kohle, Öl und Erdgas. Damit die erneuerbaren Energien ebenso effizient werden wie die fossilen, ist noch sehr viel Forschung und Entwicklung erforderlich. „Zu Buche schlagen ebenfalls die höheren Netzentgelte. Um den Windstrom aus Norddeutschland in die süddeutschen Verbraucherregionen transportieren zu können, müssen mit hohem Aufwand neue Stromtrassen angelegt werden“, sagt die Professorin Karen Pittel, Energie-Expertin am Ifo-Institut in München.

Allerdings sind nicht alle Bürger in gleichem Maße vom Anstieg der Energiepreise betroffen. „Ärmere Haushalte geben einen größeren Anteil des verfügbaren Einkommens für Energie aus als wohlhabende“, erläutert Sonja Peterson, Professorin am Kiel Institut für Weltwirtschaft. Besteht mithin ein grundlegender Widerspruch zwischen Klimaschutz und sozialer Gerechtigkeit? Werden ausgerechnet die einkommensschwachen Bürger in besonders starkem Maße durch die Bekämpfung des Treibhauseffekts belastet?

„Zwischen der Energiewende und der sozialen Balance besteht in der Tat ein gewisses Spannungsfeld“, sagt Professor Christoph M. Schmidt, Präsident des Wirtschaftsforschungsinstituts RWI in Essen. Doch nicht nur die höheren Energiepreise haben Auswirkungen auf die soziale Ausgewogenheit. „Auch andere Maßnahmen, etwa ein Verbot alter Dieselautos, treffen die ärmeren Haushalte besonders stark. Letztlich bleibt kein Eingriff ohne Verteilungswirkungen“, sagt Schmidt, bis 2020 Vorsitzender des Sachverständigenrates.

Vor allem ärmere Länder vom Klimawandel betroffen

Allerdings kann nicht die Rede davon sein, dass der Klimaschutz generell sozial ungerecht wäre. „Denn es ist zu bedenken, dass vor allem die ärmeren Menschen in den Entwicklungsländern unter den Folgen des Treibhauseffekts wie Dürren, Orkanen und Überschwemmungen zu leiden haben“, sagt die Kieler Energie-Expertin Peterson. Wenn die Industrieländer nichts gegen den Treibhauseffekt unternähmen, würde sich die ohnehin prekäre Lage von Hunderten Millionen Menschen in den tropischen und subtropischen Ländern dramatisch verschlechtern.

Doch es ist nicht zu übersehen, dass die explodierenden Energiepreise Millionen von Bürgern im Übermaß belasten. Solange der Krieg in der Ukraine anhält, können die Konsumenten ebenso wenig wie die Unternehmen mit einer Entspannung auf den Öl- und Gas-Märkten rechnen. Deshalb hat die Regierung am 24. März ein Entlastungspaket angekündigt: Alle Erwerbstätigen sollen dieses Jahr eine Energiepreispauschale von 300 Euro erhalten. Überdies werden die Steuern auf Benzin und Diesel für die Dauer von drei Monaten gesenkt.

Neben diesen temporären Maßnahmen angesichts der aktuellen Lage will die Ampelkoalition die aus dem Lot geratene soziale Balance aber auch langfristig wieder ins Gleichgewicht bringen. Die Subventionen für die Erzeuger von Solar- und Windstrom, die bisher von den Stromverbrauchern getragen werden, sollen ab Juli durch einen direkten Zuschuss des Bundes ersetzt werden. Die Entlastung für die Bürger ist freilich recht gering. Bei einem typischen Drei-Personen-Haushalt wird die Stromrechnung um ungefähr 175 Euro pro Jahr niedriger ausfallen, schätzt RWI-Präsident Schmidt.

Mithin sind weitere Maßnahmen erforderlich, um die soziale Unwucht auszugleichen, die der kräftige Anstieg der Energiepreise ausgelöst hat. Eine Möglichkeit bestünde beispielsweise darin, die Steuern auf Strom abzusenken. Zwar schreibt die EU bei dieser Abgabe bestimmte Mindestsätze vor. Doch die Stromsteuer liegt in Deutschland aktuell deutlich über diesen Schwellenwerten. Denkbar wäre ebenfalls eine Reduzierung der Netzentgelte, die die Verbraucher an die Betreiber der Stromnetze abführen müssen.

Eine Klimaprämie zur Entlastung privater Haushalte

Die vermutlich wirksamste Maßnahme wäre das Klimageld, das sehr viele Ökonomen befürworten, das die Ampelkoalition in ihrem Plan zur Entlastung der Stromverbraucher aber nicht einbezogen hat. Es handelt sich um eine Ausgleichszahlung, die allen Bürgern in gleicher Höhe gewährt würde. Finanziert werden könnte das Klimageld aus den Einnahmen, die der Bund aus der Bepreisung von Kohlendioxidemissionen erzielt. Unternehmen aus energieintensiven Branchen benötigen kostenpflichtige Erlaubnisse, um CO2 in die Luft zu blasen.

Die soziale Ungleichheit, die die Verteuerung der Energieträger hervorruft, ließe sich mit dem Klimageld weitgehend beseitigen. „Die ärmeren Haushalte könnten auf diese Weise mehr zurückbekommen, als sie in Form höherer Preise für Heizung, Benzin und Strom zahlen müssen“, prognostiziert die Kieler Ökonom Sonja Peterson. Laut Berechnungen des Instituts für Makroökonomie und Konjunkturforschung könnte eine Klimaprämie die privaten Haushalte deutlich stärker entlasten als der beschlossene Verzicht auf die EEG-Umlage. 

Die Bepreisung von CO2-Emissionen hat freilich ebenfalls gravierende sozio-ökonomische Folgen: Sie beschert Unternehmen aus energieintensiven Branchen handfeste Nachteile gegenüber Konkurrenten aus anderen Ländern, die Treibhausgase in beliebigen Mengen emittieren dürfen, ohne dafür etwas bezahlen zu müssen. Der unfaire Wettbewerb gefährdet hierzulande zahllose Arbeitsplätze.

Die EU plant daher einen sogenannten Grenzausgleich: Exporteure aus anderen Regionen, die ihre Erzeugnisse in der EU verkaufen wollen, müssen eine Abgabe zahlen, die sich an ihren CO2-Emissonen ausrichtet. Mit einem solchen Klimazoll ließe sich weitgehend verhindern, dass energieintensive Industrien in Länder mit laxeren Umweltregelungen abwandern. Dies zeigen Simulationsstudien, die am Institut für Weltwirtschaft durchgeführt wurden.

Doch für einen Grenzausgleich müssten die CO2-Emissionen entlang der gesamten Wertschöpfungskette ermittelt werden. „Dies wäre in der Praxis außerordentlich schwierig“ sagt Professorin Peterson. Außerdem könnte eine Grenzausgleichsabgabe Gegenmaßnahmen der betroffenen Länder hervorrufen. Ein Klimazoll würde womöglich die ohnehin zunehmenden Handelskonflikte weiter verschärfen. „Der bessere Weg wäre, internationale Mindestpreise für CO2-Emissionen festzulegen. Wir brauchen eine darauf ausgerichtete Klima-Außenpolitik“, sagt der ehemalige Chef der Wirtschaftsweisen Christoph Schmidt.

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