Welche Risiken deutsche Mittelständler 2020 bedrohen
Coronavirus, Konjunkturkrise, Klimawandel: Die Wirtschaftswelt ist mit enormen Herausforderungen konfrontiert. Auf diese sieben Gefahren sollten Unternehmer in diesem Jahr besonders achten sollten
Quelle: Sparkasse
Top 1: Weltwirtschaft
Das Wachstum der Weltwirtschaft war im vergangenen Jahr mit 3,0 Prozent eine Enttäuschung. Wesentlicher Grund dafür war die Schwäche der Industrie. Aktuell setzt das Coronavirus die Wirtschaft unter Druck. Für das Jahr 2020 rechnen die Experten nur noch mit einem Anstieg des globalen Bruttoinlandsprodukts von 2,4 Prozent.
Unterbrechungen der Lieferketten sowie Absatzprobleme in China und Italien setzen den Unternehmen zu. Die Stimmung hat sich weiter eingetrübt und führt zu mehr Zurückhaltung bei Investitionen- und Konsum. Die schwache Konjunktur in China, die zunehmende Bedeutung der Schwellenländer und der Aufschwung des Dienstleistungssektors sind laut Deka die Ursachen dafür, dass die deutsche Industrie kein Wachstumsgarant mehr ist. Allein die Binnenwirtschaft bewahrte Deutschland im vergangenen Jahr vor einer Rezession.
„Die Folgen des Coronavirus und die strukturellen Umwälzungen der globalen Wirtschaft, dynamisiert durch den neuerlichen Protektionismus, lasten schwer auf der industriegetriebenen Exportnation Deutschland“, sagt Ulrich Kater, Chefvolkswirt der DekaBank. „Die Politik muss schnellstmöglich handeln, um Deutschlands Wettbewerbsfähigkeit und Wohlstand zu retten.“
Top 2: Cyberangriffe
Cyberattacken liegen laut einer aktuellen Studie des Versicherungsunternehmens Allianz auf Platz eins der möglichen Bedrohungen für die Wirtschaft. Unternehmen weltweit haben hauptsächlich Angst vor Hackerangriffen und Betriebsstillstand.
Vor allem eine mögliche Erpressung macht den Unternehmen zu schaffen. Cyberkriminelle verschlüsseln mit Hilfe von Schadsoftware („Ransomware“) Firmenrechner und verlangen anschließend Geld für die Entschlüsselung. Waren vor wenigen Jahren 10.000 bis 20.000 Euro übliche Forderungen, versuchen Hacker inzwischen nicht selten zweistellige Millionenbeträge zu erpressen.
Im Fokus der Angreifer steht vor allem die deutsche Industrie. Gerade die vielen kleinen und mittleren Betriebe sind interessant für Kriminelle.
Top 3: Brexit
Der Brexit bleibt eines der wichtigsten Themen für die deutsche Wirtschaft. Teilweise werden Investitionsentscheidungen verschoben, aber viele deutsche Unternehmer glauben, Großbritannien wegen seiner Bedeutung – vor allem als Absatzmarkt – gar nicht vernachlässigen zu können. Die Devise lautet: Weitermachen, und hoffen, dass das Beste für beide Seiten herauskommt.
Bis zum endgültigen Austritt ist eine bis Ende 2020 laufende Übergangsphase vorgesehen, die bis Ende 2022 verlängert werden kann.
In dieser Zeit sollen die künftigen Handelbeziehungen geregelt werden. Das Risiko eines harten Brexits zum 1. Januar 2021 ist hoch, sollte Johnson weiterhin an seinem Plan festhalten, innerhalb nur eines Jahres ein Freihandelsabkommen mit der EU abschließen zu wollen.
Quelle: Sparkasse
Top 4: Klimawandel
Erstmals gilt das Scheitern des Klimaschutzes als Hauptrisiko im Global Risk Report 2020 des Weltwirtschaftsforums. Stürme, Starkregen, Überschwemmungen oder Dürre: Diese und andere Risiken sind direkt mit dem Klimawandel verbunden.
Die Folgen für die Wirtschaft reichen von
- Sturmschäden beispielsweise an Produktionsstätten über die
- Unterbrechung globaler Lieferketten bis hin zu
- Einbußen in der Stromproduktion durch Verknappung des Kühlwassers aufgrund von Trockenperioden
Die mittelständische Wirtschaft ist von diesen Entwicklungen genauso betroffen wie die global agierenden Großunternehmen. Jedes Unternehmen muss sich darüber Gedanken machen, wie sich das Klima auf seine Geschäftsmodelle und Kunden, seine Prozesse und Produkte auswirkt.
Quelle: Sparkasse
Top 5: Handelskonflikte
„Es besteht weiterhin ein erhebliches handelspolitisches Risiko für die Weltkonjunktur. Die Auseinandersetzung der neuen Rivalen USA und China um die globale Dominanz hat erst begonnen“, sagt der Deka-Chefvolkswirt. Gleichzeitig wird US-Präsident Donald Trump alles daransetzen, dass die Konjunktur 2020 gut läuft – um wiedergewählt zu werden.
Schon Trumps Vorgänger haben dies oft mit Erfolg getan: Im vierten Amtsjahr der Präsidentschaften treten Rezessionen nur mit einer Wahrscheinlichkeit von rund 30 Prozent auf – der niedrigste Wert aller Amtsjahre. Mit einer Eskalation der Handelskonflikte ist deshalb vorerst nicht zu rechnen.
Dennoch könnten die Corona-Krise und heiße Wahlkampf-Diskussionen um Steuern oder die Regulierung von Internet-Konzernen auf die wirtschaftliche Stimmung drücken.
Top 6: Negativzinsen
Das vergangene Jahr war eine Zäsur: Sowohl US-Notenbank als auch die Europäische Zentralbank lehnten es ab, die Geldpolitik zu straffen, sondern lockerten diese sogar. Aufgrund der Corona-Krise senkten die Notenbanken die Zinsen erneut. Es deutet inzwischen vieles darauf hin, dass das aktuell extrem niedrige Zinsniveau die gesamten Zwanzigerjahre prägen wird.
Immer mehr Banken geben die Negativzinsen der EZB an Unternehmen oder große Investoren wie Fonds weiter. Besonders Mittelständler bekommen das stärker zu spüren.
Das bestätigt auch eine aktuelle Forsa-Umfrage von 2019. Dabei gab fast jedes dritte der befragen Unternehmen an, in den vergangenen zwölf Monaten Negativzinsen auf seine Anlagen gezahlt zu haben.
Quelle: Sparkasse
Top 7: Fachkräftemangel
Drei Viertel aller Firmen wollen in ihre Digitalisierung investieren, doch ihnen fehlen die passenden Mitarbeiter. Das ist ein Ergebnis des LBBW Mittelstandsradars. Der Mangel an geeigneten Fachkräften wird sich weiter verschärfen. Die Babyboomer gehen in Rente und fehlen dem Arbeitsmarkt.
Damit werden jedes Jahr deutlich mehr ältere Menschen aus dem Arbeitsleben ausscheiden, als es junge beginnen. Schon bald wird der Pool an Arbeitskräften sogar schrumpfen.
Laut einer Studie der Bertelsmann-Stiftung können zwei Faktoren diese Entwicklung bremsen. Erstens könnten noch mehr Frauen und Ältere arbeiten. Zweitens könnten Arbeitskräfte aus dem Ausland die Personallücke ebenfalls schließen.
In Zukunft jedoch werden deutsche Unternehmen lernen müssen, mit weniger Menschen mehr zu erwirtschaften, sagt ein Forscher des Instituts für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung dem „Spiegel“. Die Unternehmen werden – statt wie bislang die Quantität – künftig die Qualität der Arbeit erhöhen müssen.